GLEICHBERECHTIGUNG ALLER LEBENSFORMEN STATT HOMOEHE
ARBEITSGEMEINSCHAFT HUMANE SEXUALITÄT E. V. ZUM GESETZENTWURF ZUR GLEICHSTELLUNG GLEICHGESCHLECHTLICHER PARTNERSCHAFTEN
Zum Entwurf eines „Gesetzes zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften” erklärt die Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität e. V. (AHS) als liberale sexualpolitische Vereinigung:
Ziel jeglicher Lebensformen- und Familienpolitik muss die Gleichstellung aller Lebensformen und der Schutz der Menschen vor Abhängigkeitsverhältnissen in Beziehungen sein. An diesen Zielen muss der Gesetzentwurf gemessen werden. Der neue Gesetzentwurf verbessert u. a. die steuer- und erbrechtliche Stellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und führt Unterhaltsansprüche gegen den Partner ein, ein gemeinsames Adoptionsrecht wird jedoch nicht eingeführt.
Bereits die steuerrechtliche Bevorteilung heterosexueller Ehepaare stellte eine Einmischung des Staates in die Privatangelegenheiten seiner Bürger dar, durch die Ausdehnung auf die auf Dauer angelegte gleichgeschlechtliche Beziehung zweier Personen wird lediglich die Besserstellung dauerhafter Beziehungen verfestigt. Ob jemand zu zweit oder zu dritt, in dauerhaften oder wechselnden Beziehungen lebt, ist kein legitimer Anknüpfungspunkt für steuerrechtliche Regelungen. Gleiches gilt auch für das Erbrecht. Die steuerrechtliche Subventionierung des Weiterreichens von Vermögen unter Privatpersonen wird durch das neue Recht noch erweitert. Ebenso fragwürdig ist die Einführung von Unterhaltsansprüchen. Bekanntlich entstehen durch den Vorrang des Unterhaltes vor staatlichen Sozialleistungen bereits in heterosexuellen Ehen gefährliche Abhängigkeitsverhältnisse. Nun wird die alte dem Unterhaltsrecht des BGB zu Grunde liegende Ideologie, dass die Familie zu fördern ist, weil durch gegenseitige finanzielle Absicherung von Familienmitgliedern der Staat aus der sozialen Verantwortung entlassen wird, auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften erweitert. Gleichzeitig wird aber durch die Nichtermöglichung gemeinsamer Adoption den gleichgeschlechtlichen Menschen die Fähigkeit zur Kinderbetreuung abgesprochen.
Statt einer kritiklosen Übertragung bürgerlich-heterosexueller Vorstellungen auf schwul-lesbische Partnerschaften fordert die AHS eine kritische Auseinandersetzung mit den von Abhängigkeitsverhältnissen geprägten Institutionen Ehe und Familie. Staatlich zu fördern ist lediglich das Zusammenleben mit betreuungsbedürftigen Personen (Kinder, Behinderte, Senioren) unabhängig von der Art der verwandtschaftlichen oder sexuellen Beziehung. Das Problem des Aussageverweigerungsrechtes und der Besuchsrechte im Krankheitsfall kann durch Ermöglichung von Wahlver wandtschaften gelöst werden. Die Sicherung des Unterhaltes durch Familienangehörige ist durch eine staatlich finanzierte soziale Grundsicherung für alle zu ersetzen.
Diese sozialpolitischen Forderungen wurden in den 80er Jahren auch von Schwulen- und Lesbenorganisationen gestellt. Ihre Devise lautet damals nicht „Ja, heiraten!”, sondern „Staat, raus aus unseren Betten!”. Die AHS bedauert die derzeitige Anpassung der Vorstellungen eines erheblichen Teils der Schwulen- und Lesbenbewegung an bürgerlich-heterosexuelle Sexual- und Partnerschaftsvorstellungen. Die AHS ruft daher die wenigen verbliebenen Organisationen, die sich für eine wirkliche Gleichstellung aller Lebensformen einsetzen, dazu auf, dennoch den Mut nicht zu verlieren und ihre Forderungen weiter zu artikulieren.
Zum selben Thema: Gemeinsame Erklärung zur Homoehe vom 11. Juni 2000